Führungskräfte/Unternehmer stehen in Zeiten von Corona vor besonderen Herausforderungen. Sind sie in der Lage, ihre Mitarbeiter im Homeoffice so zu unterstützen, dass das Leistungspotenzial optimal zum Tragen kommt? Was sind die Werkzeuge digitaler Führung? Welcher Führungsstil passt zu digitalen Teams?

 „Remotes“ Arbeiten von zuhause aus erlebte in den letzten Wochen einen rasanten Anstieg, wie wir alle wissen. Doch sind Organisationen, Führungskräfte und Mitarbeiter wirklich darauf vorbereitet?

Welche Vor- und Nachteile bringt Arbeiten im Homeoffice für den Einzelnen, das Team und die Führungskräfte?

Studien belegen, dass die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter, die von zuhause aus tätig sein können, steigt. Erhebliche Zeitersparnis durch weniger Fahrten ins Büro, geringere Kinderbetreuungskosten sowie weniger Ausgaben für Benzin und Kantine sind weitere Vorteile, die durch Telearbeit entstehen.

Für Organisationen liegt der Vorteil digitalen Arbeitens in einem klaren Wettbewerbsvorteil, da die besten Mitarbeiter zeit- und ortunabhängig in agilen und virtuellen Teams zusammenarbeiten können.

Was die Kehrseite von remotem Arbeiten?

Durch besondere Hingabe an den Job oder den Mangel an Abgrenzungsmöglichkeiten auf Seiten der Arbeitnehmer sowie unrealistische Erwartungen der Führungskräfte an die Mitarbeiter im Homeoffice nehmen Vereinsamung und psychologische Belastungen, die beispielsweise im Burnout enden können, zu.

Was ist das Beste aus beiden Welten?

Laut einer Gallup-Studie sind Mitarbeiter dann am zufriedensten, wenn es einen wöchentlichen oder monatlichen „Alle-im-Büro“-Tag gibt und sie ansonsten in der Wahl der Arbeitsorts frei sind. Dies stärkt den Team-Spirit und das Zugehörigkeitsgefühl.

Unter welchen Voraussetzungen sind virtuelle Teams effizient?

Auf der Ebene der remoten Zusammenarbeit haben folgende Parameter einen positiven Einfluss auf die Effizienz:

  • gemeinsame Teamziele
  • klare Rollenverteilungen
  • Wissen, was zu tun ist
  • die nötige Ausstattung
  • Kenntnisse über die technischen Tools
  • Kompetenzen und Motivation, gemeinsam in einem virtuellen Team zu arbeiten

Auf der „technischen Seite“ ist eine gute Teamperformance von folgenden Faktoren abhängig:

  • schnelles Internet
  • Kompetenz in der Benutzung von Videokonferenzsystemen
  • technischer Support

Wie geht virtuelle Führung?

Neben dem Know-how in Bezug auf die technischen Tools bedarf es eines Führungsstils, der Teams Stabilität gibt und sie stärkt. Führungskräfte müssen dabei breit aufgestellt sein:

  • gute Mentoring- und Coachingfähigkeiten
  • ausgeprägte schriftliche Kommunikationskompetenz
  • gute „virtuell-persönliche“ kommunikative Kompetenz

Richtige Kommunikation ist der Schlüssel

Als veritable „Hard Skills“ gelten also kommunikative Fähigkeiten, und zwar sowohl für die Interaktion innerhalb des Teams als auch für 1:1-Gespräche, z. B. zwischen Führungskraft und Mitarbeiter.

Doch wie kommunizieren wir richtig?

Die Parameter dafür lauten:

  • Kommunikationshäufigkeit
  • Klarheit einer Botschaft
  • Die Vorhersehbarkeit
  • Reaktionsgeschwindigkeit
  • Kommunikationskanal

Ausgehend von den empirischen Nachweisen, die es für „nicht-virtuelle“ Teams gibt, ist anzunehmen, dass eine insgesamt häufigere Kommunikation auch in virtuellen Teams dank des besseren Informationsstands aller und der größeren Dynamik im Team zu einer besseren Gruppenperformance führt. Dabei gibt es natürlich auch ein Zuviel des Guten. Studien dazu werden in der Zukunft vermutlich ein genaueres Bild zeichnen.

Unstrittig dürfte darüber hinaus sein, dass die Klarheit einer Botschaft, respektive eine klare Aufgaben-, Ziel- und Rollendefinition in virtuellen Teams einen entscheidenden Erfolgsfaktor darstellt.

Vorhersehbarkeit und hohe Reaktionsgeschwindigkeit sind für virtuelle Teams besonders wichtig, da sie maßgeblich für den Aufbau und den Erhalt von zwischenmenschlichen Beziehungen sorgen. Ein schnelles und akkurates Feedback zu den geleisteten Aufgaben steigert außerdem nachweislich die Teamleistung.

Zu den Kommunikationskanälen ist zu sagen, dass (zu) viele zu viel Verwirrung führen können. Die Führungskraft sollte den Kanal an das jeweiligen Teams anpassen, denn nicht jedes Teams benötigt alle potenziell zur Verfügung stehenden Kanäle. Außerdem sollte das Medium zur Kommunikationsart passen. Eine virtuelle Kaffeeküche sollte idealerweise auf einem anderen Kanal als Meldungen von der Konzernzentrale laufen.

Führung von oder besser Führung mit virtuellen Teams?

Virtuelle Teams stellen Führungskräfte vor besondere Herausforderungen. Manche Führungskraft mag in den letzten Wochen erlebt haben, dass Mitarbeiter im Homeoffice entgegen der eigenen Erwartungen (angesichts des gefühlten Kontrollverlusts) erstaunlich gute Leistungen erbringen. Damit korrespondiert, dass viele Mitarbeiter Telearbeit als höchst effizient und weniger von Ablenkungen und Störungen betroffen erleben als die Arbeit im Büro.

Teamperformance noch unterhalb des Leistungspotenzials

Studien haben gezeigt, dass geteilte Führung anstelle einer „zentralistischen“ zu besseren Teamleistungen führt.

Wichtig ist daher – auch über die aktuelle Krise hinaus – dass Führungskräfte das Potenzial in einzelnen Teammitgliedern noch besser identifizieren lernen und diese gezielt darin fördern, selbst Führungsfunktionen zu übernehmen. Viel zu häufig jedoch bleiben virtuelle Teams unter ihren Möglichkeiten, da viele Führungskräfte ihr eigenes Team unterschätzen und Entscheidungen und Autorität zentralisieren anstatt sie auf die Teams zu verteilen. Weitere Gründe für Führungskräfte, nicht auf geteilte Führung zu setzen, sind die Überschätzung der eigenen Rolle und die Angst vor Austauschbarkeit und Machtverlust.

Vom autoritären Führer zum „Facilitator“

Um das volle Potenzial remoter Teams auszuschöpfen, ist ein Wechsel des Rollenverständnisses der Führungskraft vom „heroischen Leader“ zum „Facilitator“ nötig, der seinem Team einen gewissen Grad an Autonomie und Mitbestimmung gewährt.

Der Faktor Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle, denn Vertrauen und Teamspirit müssen sich auch in virtuellen Teams erst aufbauen. Dies geschieht nicht zuletzt durch eine entsprechende schriftliche Kommunikation, die bei den Rezipienten Vertrauen, Sicherheit und das Gefühl von Teamzusammengehörigkeit bewirken kann.

Führungskräfte müssen außerdem weitere Kompetenzen aufbauen, z. B. was das Verständnis für geschriebene non-verbale Kommunikation (Kleinschreibung, fehlende Interpunktion, Emoticons, wie :-P, „Feedback-Sounds“, wie „oh oh“, „grrrrrr“ etc.) im virtuellen Kontext anbelangt.

Möglichkeiten, virtuell Vertrauen und Zusammengehörigkeitsgefühl herzustellen, sind:

  • Zeit für Smalltalk in der Check-In-Zeit von virtuellen Meetings
  • virtuelle Räume für Gruppenarbeit
  • „Kaffeeküche“ und „Feierabend-Getränk“-Runden
  • Landkarte, wo die Teammitglieder verteilt sind
  • informeller Kanal, wo Teammitglieder Fotos, z. B. mit wöchentlich wechselndem Motto, posten können

Fazit: Verbundensein braucht mehr als schnelles Internet

Langfristig remotes Arbeiten, was in internationalen Organisationen für viele Teams seit langem die Regel ist, stellt den Einzeln, vom Mitarbeiter bis zur Führungskraft, und das Team vor andere Herausforderungen als die Zusammenarbeit vor Ort.

Neben der Logistik (Software, Zeitzonen) und Technologie (sichere Zugänge, Support) ist vor allem wichtig, dass sich Menschen, die vertrauensvoll und effizient zusammenarbeiten sollen, sich in virtuellen Räumen kennenlernen und austauschen können.

Führungskräfte haben dabei als Facilitator und Vorbild eine entscheidende Funktion.

(Artikel basiert auf Gesprächen mit Trainern und Kunden von Wortland sowie auf https://insights.controller-institut.at/ueber-remotes-arbeiten-virtuelle-teams-und-digitale-fuehrung/)